Der flüchtlingspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Frank-Tilo Becher, hat den mangelhaften Infektionsschutz in den hessischen Erstaufnahmeeinrichtungen und Unterbringungen für Geflüchtete kritisiert: „Wenn davon die Rede ist, dass besonders gefährdete Gruppen in der Corona-Pandemie auch besonderen Schutz erfahren sollen, scheinen Geflüchtete in Hessen nicht gemeint zu sein. Dass die Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen in dieser Gefährdungslage besondere Risiken mit sich bringt, musste allen klar sein. Der jüngste Infektionsausbruch in der Einrichtung in Kassel-Niederzwehren hat das auf traurige Weise belegt“, sagte Becher am Donnerstag in Wiesbaden.
Es wäre die Aufgabe der Landesregierung gewesen, zum Schutz von Flüchtlingen und Mitarbeitenden frühzeitig für funktionierende Präventionsmaßnahmen und Notfallpläne zu sorgen. In Hinweisen des Robert-Koch-Instituts (RKI) für Gemeinschaftsunterkünfte sei schon im Mai nachzulesen gewesen, wie wichtig Kommunikation, Information und aktive Beteiligung für einen gelingenden Infektionsschutz seien. Genau daran habe es Kassel aber offenkundig gemangelt, so Becher.
Nach den Empfehlungen des RKI sollten Gemeinschaftsunterbringungen auch so umgestaltet werden, dass die Standards zur Isolation eingehalten werden könnten. Das Diakonische Werk in Kassel zeichne leider ein anderes Bild. Becher betonte: „Ohne Frage stellt die Situation in den Flüchtlingsunterkünften für Behörden und Mitarbeitende eine große Herausforderung dar. Aber umso mehr ist hier das Land und letztlich der Minister gefordert, Orientierung und Hilfe anzubieten, statt abzuwarten und einfach zu hoffen, dass nichts passiert.“
Wie zögerlich die Haltung im Ministerium dazu sei, habe auch die parallel aufgerufene Beratung zum Landesaufnahmegesetz im Sozialausschuss des Landtags deutlich gemacht, sagte Becher: „Wir haben zusammen mit der Linken einen Änderungsantrag eingebracht, der unter anderem Mindeststandards für die Flüchtlingsunterbringung vorsieht, wie sie von den Fachverbänden vorgeschlagen werden. Ein Handlungsbedarf wird hier einfach bestritten, obwohl es nicht erst diese krisenhafte Zuspitzung gebraucht hätte, um die Notwendigkeit für eine verbesserte Praxis zu erkennen. Anspruch und Wirklichkeit einer humanitären Flüchtlingsaufnahme fallen bei dieser Landesregierung leider weit auseinander.“