Die Zulässigkeit des Tragens von weltanschaulich und religiös konnotierten Kleidungsstücken im Bereich der Justiz ist immer wieder Gegenstand von kontroversen Diskussionen im politischen Bereich.
Aus diesem Grunde hat die ASJ Hessen-Nord das folgende Positionspapier erarbeitet.
Die Fraktion der SPD im Hessischen Landtag wird aufgefordert, in geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass im Bereich der Erfüllung des staatlichen Auftrags der Rechtspflege die Wahrung einer weltanschaulich-religiösen Neutralität sichergestellt wird.
Aus diesem Grund wird das Tragen von weltanschaulich oder religiös konnotierten Kleidungsstücken (z.B. Kopftuch, Kippa) im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor Gericht durch Richterinnen/Richter, ebenso wie ehrenamtliche Richterinnen/Richtern/Schöffen als mit dem Gebot weltanschaulicher Neutralität für nicht vereinbar gehalten. Eine Unterscheidung zwischen Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richterinnen/Richtern/Schöffen insoweit wird für nicht richtig erachtet, da die letztgenannten in gleicher Weise und mit dem gleichen Stimmrecht an der Urteilsfindung mitwirken.
Ebenso sollen Urkundsbeamte, die zur Protokollführung an der Sitzung teilnehmen, diese Regeln einhalten müssen.
Das Gleiche gilt für die Vertreter der Staatsanwaltschaften und der Amtsanwaltschaft. Auch sie repräsentieren in ihrer Funktion den Staat und die Ausübung hoheitlicher staatlicher Befugnisse.
Soweit Referendare im Rahmen ihrer Ausbildung im Einzelfall bei der Teilnahme an Sitzungen Tätigkeiten ausüben, die sonst Richterinnen/Richtern und Staatsanwältinnen/Staatsanwälten vorbehalten sind, gelten die Regelungen ebenfalls.
Für Vertreter der Anwaltschaft wird ein solches Verbot jedoch als nicht gerechtfertigt angesehen. Sie sind zwar unabhängiges Organ der Rechtspflege, jedoch sind sie nicht im Gerichtsverfahren mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse betraut, sondern sie vertreten und wahren die Rechte ihrer Mandantschaft.
Begründung:
Der Grundsatz weltanschaulicher Neutralität ist Maßstab für die Beantwortung der Frage, ob und unter welchen Bedingungen im Bereich der Justiz aktive Glaubensbekundungen oder Handlungen und Äußerungsformen eines Glaubens zugelassen werden können.
Die Pflicht des Staates zu weltanschaulicher Neutralität verbietet die Identifizierung des Staates mit einer bestimmten Religion. Für das gerichtliche Verfahren ist darüber hinaus die Gewährleistung eines unabhängigen und neutralen Richters von besonderer Bedeutung.
Das Tragen religiös konnotierter Kleidungsstücke wie etwa des Kopftuches kann eine Beeinträchtigung des staatlichen Auftrags der Rechtspflege zur Folge haben (BverfG, Beschluss vom 27.06.2017 – 2 BvR 1333/17-). Das Tragen des Kopftuches wird als äußeres Anzeichen religiöser Identität verstanden.
Auch die grundrechtliche Position der Prozessbeteiligten aus Art. 4 Abs. 1 GG streitet dafür, dass diese einen Rechtsstreit unter der Beteiligung von Repräsentanten führen, die ihre religiöse und weltanschauliche Überzeugung erkennbar nach außen tragen.
Positionspapier zum Download