Zeit für mehr Gerechtigkeit

SPD-Landesvorsitzender Thorsten-Schäfer-Gümbel und SPD-Bezirksvorsitzender Manfred Schaub auf dem Bezirksparteitag in Baunatal

Unter dem Motto „Zeit für mehr Gerechtigkeit“ fand der diesjährige Parteitag der nordhessischen SPD am Wochenende in Baunatal statt. Die Delegierten aus acht Unterbezirken repräsentierten rund 18.000 Mitglieder aus knapp 600 Ortsvereinen.

Der Baunataler Bürgermeister Manfred Schaub steht weiterhin an der Spitze der nordhessischen SPD. Beim Bezirksparteitag in Baunatal konnte Schaub 92 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. Wiedergewählt wurden die stellvertretenden Bezirksvorsitzenden Martina Werner, MdEP mit 93,8 % und der Marburger Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies mit 93,4 % sowie Bezirksschatzmeister Dr. Edgar Franke, MdB mit 91,2 % der Stimmen.

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 lag ein Schwerpunkt des diesjährigen Parteitags auf bundespolitischen Themen unter dem Motto „Zeit für mehr Gerechtigkeit“.

Der SPD-Landesvorsitzende und Stellvertretende Vorsitzende der Bundespartei Thorsten Schäfer-Gümbel stimmte die Delegierten aus acht Unterbezirken, die rund 18.000 Mitglieder aus knapp 600 Ortsvereinen repräsentierten, auf die inhaltlichen und programmatischen Ziele der Sozialdemokraten mit Blick auf die Bundestagswahl im September ein.

Neben dem programmatischen Leitantrag in Richtung Bundestagswahl „Für eine neue Politik der sozialen Gerechtigkeit“ hatten die Antragsberatungen in unterschiedlicher thematischer Ausrichtung regionale Schwerpunktsetzung. Es ging um eine Aufwertung der Politik für den ländlichen Raum, die Entscheidung zugunsten des LWV als Träger der Eingliederungshilfe, die Bereitstellung und Verbesserung auch moderner Infrastruktur und ein deutliches Bekenntnis zu Europa. Das inhaltliche Spektrum reichte von der Sicherung der Verkehrsinfrastruktur über Energie, Umwelt und Daseinsvorsorge bis zu Flüchtlingspolitik, Digitalisierung und Steuerpolitik.

Mit dem Leitantrag „Für eine neue Politik der sozialen Gerechtigkeit“, wurden aus Sicht der nordhessischen Sozialdemokraten die Eckpunkte für eine sozialdemokratische Politik in Deutschland benannt. Dazu gehören:
•gebührenfreie Bildung von der Kita über das Studium bis zur beruflichen Bildung
•gute Arbeit, gerechte Löhne, eine starke Tarifbindung und mehr Demokratie im Betrieb!
•eine selbstbestimmte Arbeitszeit mit mehr Zeit für Familie
•das Recht auf Qualifizierung – und mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung
•die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsplätzen
die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung
•eine auskömmliche Rente für alle
•eine gerechte Steuerpolitik
•eine humane Flüchtlingspolitik
•bessere Sicherheit, Prävention und Bekämpfung von Kriminalität
•gute Infrastruktur in öffentlicher Hand
•bezahlbarer Wohnraum in Stadt und Umland
•Gegen Gewalt im Netz – konsequente Verfolgung von strafrechtlich relevanten Kommentaren im Internet
•Starke Kommunen durch relevante Beteiligung von Bund und Land an den Kosten für Daseinsvorsorge und Grundversorgung.

Einen breiten Raum nahm die Debatte um die „Stärkung des ländlichen Raums“ ein. Ausdrücklich wurden landes-, bundes- und europapolitische Initiativen zur Stärkung des ländlichen Raumes gefordert. Dazu gehört insbesondere die Anerkennung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sowie in Anerkennung der Unterschiedlichkeit, die sich aus der Bevölkerungsverdichtung im Städtischen Raum und der geringeren Besiedelung im ländlichen Raum ergibt. Anforderungen verdichteter Räume dürften die Weiterentwicklung ländlicher Räume nicht behindern. Forderungen sind hier:
•die Wiedereinführung der Grundwasserabgabe, deren Mittel für den Erhalt und die Modernisierung der Wasser- und Abwasserinfrastruktur wie auch den Trinkwasserschutz eingesetzt wird.
•ein kommunaler Finanzausgleich mit dem kommunale Selbstverwaltung funktioniert und kommunale Handlungsspielräume wieder erweitert
•eine Absage an die von der CDU gewollte Gebietsreform
•Verlagerung öffentlicher Einrichtungen, die nicht standortgebunden ihre Dienstleistungen anbieten, in den ländlichen Raum
•eine jährliche Nutzungsabgabe durch die Versorger für die permanenten Durchleitungsrechte von Versorgungsmagistralen im Ländlichen Raum an die Landeigentümer wie auch die territorial betroffenen Kommunen
•Ablehnung der europaweit einmaligen Nutzungsabgabe, die für Fahrzeughalter im Inland auf das gesamte Bundesfernstraßennetz zu zahlen sein wird
•Aufstockung der Mittel für die Dorfentwicklung

Unter dem Titel „Bildung im ländlichen Raum“ wurden Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit für alle erörtert. Mit Blick auf den ländlichen Raum wollen die Sozialdemokraten ein breites wohnortnahes und kostenloses Bildungsangebot sicherstellen.
Dazu gehören:
•der Ausbau der frühkindlichen Bildung sowie gebührenfreie Kindertagesstätten
•ein wohnortnahes breit gefächertes Bildungsangebot sowie mehr (kostenlose) Ganztagsangebote und -schulen
•der Erhalt kleiner Schulstandorte im ländlichen Raum
•vollständige Lehrmittelfreiheit
•die Rücknahme der Stundenkürzungen bei den Grundschulen und im Bereich der Intensivbeschulung
•zusätzliche Lehrkräfte für Inklusion und Integration
•mehr Unterstützung für die Beschulung von Flüchtlingskindern
•der Ausbau und die Mitfinanzierung der Schulsozialarbeit an allen Schulen
•Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer

Der Antrag „Für eine gute Verkehrsinfrastruktur in Nordhessen“ benennt eine gute Verkehrsinfrastruktur als wesentliche Voraussetzung für eine weitere positive wirtschaftliche Entwicklung Nordhessens. Wesentliche Forderungen sind hier:
•ein Vorrang für den Erhalt der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur
•eine deutliche Anhebung der jährlichen Investitionen in die Straßeninfrastruktur des Landes Hessen.
•der Erhalt und den Ausbau der Planungskompetenz von Hessen-Mobil
•eine stärkere Vernetzung der Infrastruktur der einzelnen Verkehrsträger
•Weiterentwicklung und Ausbau der Schieneninfrastruktur für den Güter- und Personenverkehr in Nordhessen
•die weitere Stärkung und Sicherung des ÖPNVs im ländlichen Raum
•ein Logistikkonzept für Hessen, das nicht allein auf die Straße setzt, sondern auch im Güterverkehr die Vernetzung der Verkehrsträger stärker fördert
•die deutliche Aufstockung der Mittel für die Verkehrsinfrastruktur verbunden mit einer nachhaltigen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Angebots für den öffentlichen Verkehr
•die Verbesserung des Lärmschutzes an Bundesautobahnen und die Übertragung der Richtwerte für aktiven Lärmschutz für Neu- und Ausbau auch auf bestehende Strecken
•die Ausweitung der Lkw-Maut auf allen Straßen und auf den Linienfernbusverkehr als notwendiges Mittel zur Finanzierung der Infrastrukturinvestitionen.
•öffentliche Infrastruktur wie beispielsweise Straßen- und Schienenverkehrswege müssen öffentliches Vermögen und Eigentum bleiben
•der Ausbau des Radwegnetzes

Zur Ausgestaltung des Bundesteilhabegesetzes lagt den Delegierten ein Antrag des Bezirksvorstands vor, der ein klares Bekenntnis zugunsten des Landeswohlfahrtsverbandes als Träger der Eingliederungshilfe beinhaltet. An die sozialdemokratischen Vertreterinnen und Vertreter in den kommunalen Spitzenverbänden ergeht die Forderung für die künftige Zuständigkeitsverteilung in der Eingliederungshilfe in einen „3-stufigen Lebensabschnittsmodell“ einzutreten. Der LWV soll auch zukünftig seine Rolle als institutioneller Integrator zwischen Kostenträgern, Leistungsbringern und dem Land aktiv wahrnehmen.

In Bereich der Europapolitik soll unter der Überschrift „Die Zukunft Europas gemeinsam gestalten“ die Debatte um die von der EU-Kommission zur Diskussion gestellten Papiere angestoßen werden. Ziel ist am Ende eines ausführlichen Diskussionsprozesses eine Positionsbestimmung zur Zukunft der Europäischen Union vorzunehmen, die in die Erarbeitung des Europawahlprogramms der Bundespartei einfließen soll.