Der „Rote Faden“ in den Pflegestärkungsgesetzen

Mit den bereits verabschiedeten Pflegestärkungsgesetzen (PSG) I und II sowie mit dem PSG III wird vermutlich die größte Reform der ambulanten und stationären Pflege seit Einführung der Pflegeversicherung Mitte der 90er Jahre erfolgen. Um die konkreten Auswirkungen zu diskutieren und zu bewerten haben sich in Kassel auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Gesundheitswesen Hessen-Nord (ASG) vier Fachleute zu einer gut besuchten Podiumsdiskussion getroffen.

Dr. Jürgen Gohde, langjähriger Präsident des deutschen Diakonischen Werkes und ehemaliger Vorsitzender des Kuratoriums Deutsche Altershilfe, hat einen besonderen Wert auf die neue Definition des Pflegebedürftigkeitsbegriff gelegt, die er maßgeblich mit beeinflusst hat: Hierbei geht es um die Abkehr der bisherigen Defizitorientierung hin zu einer Teilhabe orientierten Versorgung besonders älterer Menschen, die idealerweise im Sozialraum stattfinden sollte. Kritisch sah er, dass die Gesetze zwar die richtigen Weichenstellung beinhalten, aber insbesondere die Kommunen nicht stark genug in die Verantwortung genommen werden.

Dr. Edgar Franke, MdB und Vorsitzender des Gesundheitsausschusses des Bundestages betonte, dass durch die Gesetze über 5 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich in die Pflege von Menschen fließen werden, hierfür habe er sich persönlich eingesetzt. Er führte aus: „Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben uns maßgeblich dafür eingesetzt, dass diese Pflegereformen einen roten, sozialdemokratischen Faden bekommen und die Gelder wirklich Pflegebedürftigen und den Mitarbeitern in der Pflege zu Gute kommen.“ Durch die neuen „einrichtungseinheitlichen Eigenanteile“ werden die Zuzahlungen für fast alle Pflegebedürftigen bzw. für ihre Angehörigen und die Sozialämter signifikant sinken. Besonders die Steigerung der Eigenanteile durch einen Anstieg der Pflegebedürftigkeit wird entfallen.

Dietmar Erdmeier, Spezialist des Bundesvorstandes von Ver.di für Pflege und Mindestlohn, betonte, dass durch die einrichtungseinheitlichen Eigenanteile aber auch eine neue Transparenz entstehen wird, die den Wettbewerb besonders in der stationären Pflege intensivieren wird und einen Anreiz für niedrige Löhne schafft, umso mehr wäre eine Allgemeinverbindlicherklärung von Löhnen in der Pflege notwendig. Außerdem fordert er eine Abkehr des Teilkasko-Prinzips der Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung – die zusätzlichen Beiträge wären vertretbar.

Die angeregte Diskussion mit dem Publikum drehte sich auch um diese Themen und es wurde deutlich, dass das aus vielen Fachleuten bestehende Auditorium die Pflegereform sehr begrüßte. Die Veranstaltung wurde moderiert von Stefan David, ASG Vorsitzender Nordhessen und Geschäftsführer diakonischer (Altenhilfe-)Einrichtungen.