Kinder sind keine kleinen Erwachsenen

Am 8. Mai 2013 fand auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen eine Vortragsveranstaltung in den Räumen des Bundessozialgerichts statt. Die Richterin am Bundessozialgericht SABINE KNICKREHM referierte zum Thema „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen – Diskussion zum Bildungs- und Teilhabepaket des SGB II“. SABINE KNICKREHM ist zur Zeit stellvertretende Vorsitzende des – mit Fragen des Grundsicherungsrecht befassten – 4. Senats des Bundessozialgerichts.
Die zahlreichen Teilnehmer wurden vom Vorsitzenden der sozialdemokratischen nordhessischen Juristen, Rechtsanwalt DR. CHRISTOPH WELTECKE begrüßt. Daran schloss sich ein Grußwort des Präsidenten des Bundessozialgerichts, PETER MASUCH, an.
Nach einer kurzen Einführung in das Thema und Vorstellung der Referentin durch den Moderator der Veranstaltung, den stellvertretenden Vorsitzenden der nordhessischen SPD-Juristen und Richter am Sozialgericht KAI JENDRUSCH, referierte KNICKREHM ausgehend von der grundsätzlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010 über die vom Gesetzgeber in den letzten Jahren in das Gesetz aufgenommenen Bildungs- und Teilhabeleistung. Dabei schilderte sie die abstrakten gesetzlichen Vorgaben und die anstehenden gesetzlichen Neuerungen. Eingangs warf KNICKREHM die Frage auf, ob durch die erhöhte in Anspruchnahme der Leistungen von einem Erfolg des Bildungspakts ausgegangen werden könnte oder aber – im Hinblick darauf, dass ein großer Teil der vorhandenen Gelder nicht abgerufen wurde – eher der Rückschluss zu ziehen sei, dass das Paket gescheitert sei, wie der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsband formuliert habe. Die Bewertung sei ambivalent.
Die Richterin am Bundessozialgericht fragte weiter, wie im Hinblick auf ausfüllungsbedürftige gesetzliche Vorgaben das Bildungs- und Teilhabepaket durch die Verwaltung und die Gerichte näher präzisiert werden könne. Beispielhaft erwähnte sie das Thema Lernförderung. Anhand der gesetzlichen Vorgaben werde sowohl vertreten, nur eine Übergangszeit für förderbar zu erklären – wie es die Gesetzesbegründung nahe lege – oder aber auch dauerhafte Förderung zu autorisieren, wie es jüngst das Sozialgericht Marburg in einer Entscheidung angenommen habe. Die weiteren Leistungen, namentlich Gelder für Ausflüge und mehrtägige Klassenfahrten, persönliche Schulbedarfe, Schülerbeförderungskosten und Mittagsverpflegung stellte sie ausgehend von der gesetzlichen Grundlage dar.
Im Anschluss an den Vortrag kam es zu einer äußerst fruchtbaren Diskussion. Mitarbeiter der Jobcenter und der Sozialverwaltung schilderten ihre Erfahrungen. Die anwesenden Richter aus der ersten Instanz und Rechtsanwälte schilderten die bei ihnen sich stellenden Rechtsprobleme im Umgang mit dem Bildungs- und Teilhabepakte.
Bemängelt wurde etwa die Selbstbeteiligung in Höhe von einem Euro bei der Mittagsverpflegung. Der bürokratische Aufwand sei insoweit zu hoch. Insgesamt müsse versucht werden den bürokratischen Aufwand weiter zu senken.
Der Austausch zwischen den verschiedenen juristischen Professionen ist eines der wesentlichen Ziele der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen, losgelöst von konkreten Streitfällen sollen aktuelle Probleme miteinander erörtert werden. Auf der Basis des ebenso umfassenden wie kompetenten Vortrags von Richterin KNICKREHM, ist dies an diesem Abend zum Thema Bildungs- und Teilhabepaket gelungen.
In seinem Schlusswort bedankte sich KAI JENDRUSCH für den gelungenen Vortrag der Referentin und die vielen informativen Beiträge der Zuhörer. Schließlich galt sein Dank dem Präsidenten des BSG, welcher die Tagungsräume zur Verfügung gestellt hatte.